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MARKTMODELLE UND WERTSCHÖPFUNG

3.7

Neue Anforderungen an das NPO-Management

Partizipation, Advocacy oder Nachhaltigkeit haben sich zu zentralen Begriffen im NPO-Management entwickelt. Welche Rolle sie spielen, lesen Sie in diesem Artikel.

Nonprofit-Management wird häufig wie klassisches Management nach verschiedenen Funktionen unterteilt. Im Freiburger Management-Modell wird beispielsweise zwischen System-Management, Marketing-Management und Ressourcen-Management unterschieden (Gmür et al., 2023). Helmig und Boenigk (2020) differenzieren nach Governance und Führung, Human-Resource-Management, Marketing, Fundraising sowie Accounting und Finanzmanagement.

Diese Systematisierungen sind hilfreich, da sie alle wesentlichen Aufgabenbereiche des Managements umfassen. In NPO jedoch lassen sich diese Managementbereiche oftmals gar nicht so einfach differenzieren. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass es in NPO selten genug Stellen gibt, damit diese Managementbereiche von verschiedenen Personen erbracht werden können. Oftmals muss eine Person zwei oder drei dieser Managementbereiche abdecken. Im Extremfall ist es eine Person in der Geschäftsführung, die das gesamte Management verantwortet. Gleichzeitig erscheint es in Zeiten von agilen Führungsstrukturen und lean management etwas anachronistisch, wenn man an Managementstrukturen festhält, die im letzten Jahrhundert entwickelt wurden.

Wir wollen uns deshalb auf einige übergeordnete Aspekte konzentrieren, die für ein erfolgreiches NPO-Management heutzutage wichtig sind.


Partizipation

Schon immer zeichneten sich NPO – insbesondere Vereine und Genossenschaften – dadurch aus, dass die Mitbestimmung in der Willensbildung der Organisation von grosser Bedeutung ist. Allerdings gerät diese herkömmliche Form der Beteiligung zunehmend unter Druck. Mitgliederversammlungen sind bei den wenigsten NPO Höhepunkte im Vereinsjahr. Viele Mitglieder wollen primär Leistungen beziehen, aber nicht zusätzlich Zeit investieren; Freiwillige engagieren sich gerne nur noch kurzfristig und für einzelne Projekte. Dies sind bloss zwei der typischen Probleme. Gleichzeitig ist Mitwirkung in unserer Gesellschaft so aktuell wie selten zuvor. Konsumenten stimmen per Voting über neue Produkte ab, Kommentarspalten erlauben direkte Feedbacks zu Zeitungsartikeln, und in Unternehmen werden flache Hierarchien und soziokratische Entscheidungsmodelle eingeführt. In diesem Umfeld müssen auch die NPO ihre Partizipationsmöglichkeiten neu gestalten und prüfen, wie sie Menschen davon überzeugen, sich für den Zweck der NPO einzusetzen.


Advocacy

NPO leisten sehr viel Arbeit in der direkten Hilfe für andere oder Benachteiligte. Dieses Vorgehen ist für die einzelnen Personen sehr wichtig, aber gesellschaftlich wird dadurch kaum eine Veränderung herbeigeführt. Deshalb haben NPO schon früh erkannt, dass auch der Einsatz auf politischer und öffentlicher Bühne ein wirksames Instrument sein kann. Wenn dadurch nämlich erreicht wird, dass der Staat den Einsatz seiner Mittel zugunsten der Zielgruppe der NPO verändert, ist dies ein grösserer und langfristigerer Hebel als die Direkthilfe. Die politische Debatte im Anschluss an die Konzernverantwortungsinitiative hat gezeigt, dass die Frage, wie weit NPO im Bereich des Advocacy gehen können, aktuell neu ausgelotet wird.


Nachhaltigkeit

Schon im Vorfeld der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen 2009 hatte sich eine breite Allianz von NPO geformt, die die Politik zu einer rascheren Reaktion auf den fortschreitenden Klimawandel bewegen wollten. Aber erst zehn Jahre später kam mit «Fridays for Future» richtig Schwung in die Klimabewegung. Heute ist Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein inhaltliches Thema für NPO, sondern berührt alle Managementbereiche. Das kann für NPO sehr herausfordernd sein, da Investitionen in Infrastruktur (z. B. energiefreundliche Bauten) oder Reduktion von Reisen (z. B. bei Entwicklungsorganisationen) zu höheren Kosten und zeitlichem Aufwand führen können, der von aussen als nicht «zweckkonform» gedeutet werden kann. Letztlich müssen aber auch alle NPO prüfen, wie sie einen Beitrag zur Erzielung der Sustainable Development Goals (SDG) leisten können – nicht nur durch die Zweckerfüllung, sondern auch durch das Management.

Die aktuellen Trends im Management gehen in Richtung Flexibilisierung, Auflösen von Barrieren und Zweckorientierung. Manches davon können NPO schon länger und viel besser als Unternehmen. In anderen Bereichen ist der Aufholbedarf der NPO wesentlich grösser. In der konkreten Umsetzung im Management-Alltag ist die Ausrichtung nach übergeordneten Themen wie Nachhaltigkeit und Partizipation daher fast wichtiger als eine buchstabengetreue Erfüllung der klassischen Managementaufgaben.


Literatur

Gmür, M.; Lichtsteiner, H.; Stuhlmann, K.; Erpf, Ph.; Andessner, R. (2023): Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen, 10. Aufl. Bern: Haupt Verlag.

Helmig, B.; Boenigk, S. (2020): Nonprofit Management, 2. Aufl. Wiesbaden: Vahlen.

Autor: Georg von Schnurbein

Lizenz

CEPS, Universität Basel