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DIGITALISIERUNG IN NPO

4.1

Digitalisierung und NPO: Die Zukunft ist heute?

Digitalisierung ist eine Herausforderung für alle Organisationen. Was macht Digitalisierung für NPO so kompliziert? Wie gehen NPO am besten das Thema an? Der folgende Artikel gibt ein paar Antworten.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihre NPO in der Digitalisierung zurückhängt? Zur Ihrer Beruhigung: Sie sind damit nicht alleine. In einer Studie in Deutschland sehen 90 % der befragten NPO-Führungskräfte einen Nachholbedarf ihrer Organisation in Sachen Digitalisierung (Peters et al., 2017). Aktuelle Studien zur Digitalisierung in Deutschland und Österreich zeigen aber auch, dass sich die NPO intensiv mit Fragen der Digitalisierung beschäftigen. Zahlreiche digitale Angebote und Projekte werden umgesetzt, Strategien entwickelt und Mitarbeitende werden geschult. Dabei sehen sich die Organisationen aber auch grossen Herausforderungen ausgesetzt.

In einer der Studien1 wurden vier zentrale Herausforderungen formuliert:

  1. Die zunehmend digitalen Zielgruppen digital abzuholen
    Egal welche Anspruchsgruppen eine NPO hat, alle nutzen heute digitale Endgeräte – Computer, Laptops, Handys usw. Will eine NPO ihre Anspruchsgruppen auch in Zukunft erreichen, muss sie deshalb über diese digitalen Kanäle kommunizieren und Leistungsprozesse daran ausrichten. Ein wichtiges Instrument hierfür ist die Darstellung der «Customer Journey» bzw. «Donor Journey».
  2. Die gesamte Organisation digital fit zu machen
    Digitalisierung bedeutet weit mehr als die Nutzung sozialer Medien. Weitaus wichtiger sind digitale Bestandteile in Arbeitsprozessen (Homeoffice lässt grüssen!) wie Intranet, digitale Ablagesysteme oder Datensicherungssysteme.
  3. Neue digitale Angebote und Geschäftsmodelle zu entwickeln
    In vielen Branchen ist bereits deutlich geworden, dass durch die Digitalisierung auch ganz neue Geschäftsmodelle entstehen. Deshalb müssen bestehende Organisationen auch ihre Aktivitäten überprüfen und um neue, auf digitalen Prozessen gestützte Angebote ergänzen. Sonst besteht die Gefahr, dass neue NPO ihnen den Rang ablaufen.
  4. Und dies mit begrenzten Budgets, Personalressourcen und möglichst wenig Zeitaufwand
    Digitalisierung der eigenen Organisation steht bei keiner NPO im Zweckartikel. Dennoch müssen dafür Ressourcen aufgebracht werden. Auch hier sind neue Methoden wie agile Strukturen, Design Thinking usw. hilfreich, um den Aufwand gering zu halten.


Crawl, Walk, Run, Fly

Generell erscheint die Digitalisierung für die meisten NPO wie ein grosser unüberwindbarer Berg. An so vielen Ecken und Enden wird mehr Digitalisierung gefordert: Zahlungssysteme, Kundenbetreuung, Mitarbeitendenführung, Archivierung, Kommunikation – die Liste hört nicht auf. Die grösste Gefahr geht dabei aber vom Versuch aus, alles gleichzeitig und sofort zu machen. Es ist empfehlenswert, eine Transformation in kleinen Schritten zu vollziehen. So baut die Organisation schrittweise Kompetenzen auf, die wiederum bei den nachfolgenden Digitalisierungsschritten genutzt werden können und so die einzelnen Hürden kleiner werden lassen. Ganz nach dem Zwischentitel sollte man erst krabbeln, dann gehen, laufen und schliesslich fliegen!

Grundlage der Entwicklung ist eine Digitalisierungsstrategie, in der festgehalten wird, in welcher Reihenfolge die verschiedenen Organisationsbereiche digitalisiert werden sollen und welche Ressourcen dafür eingesetzt werden.


Digitalisierung als Chance verstehen

Keine Frage, Digitalisierung stellt jede NPO vor grosse Herausforderungen. Anstatt diese Entwicklung nur als belastende, von aussen aufgezwungene Veränderung zu verstehen, sollte man besser die sich neu bietenden Möglichkeiten sehen und darauf hinarbeiten. Gerade für die Zivilgesellschaft ergeben sich durch die Digitalisierung ganz neue Chancen:

  1. Dank digitaler Erfassung steht heute eine grosse Zahl an Daten und Informationen bereit. In der Schweiz lassen sich beispielsweise über https://opendata.swiss eine Vielzahl an Datensätzen der öffentlichen Verwaltung abrufen. Das Center for Philanthropy Studies baut mit www.npodatalab.ch eine offen zugängliche Datenbank über NPO auf, die z. B. Vergleiche von Finanzzahlen ermöglichen soll. Es gibt auch schon erste NPO wie DataCross, die sich auf die Unterstützung anderer NPO bei der Nutzung von Daten spezialisiert haben.
  2. Neue Technologien wie Artificial Intelligence oder Blockchain können wirksam in die Arbeit von NPO eingebunden werden. So nutzt das IKRK eine moderne Gesichtserkennungssoftware, um Familien in Krisenregionen wieder zusammenzuführen. Smart Contracts auf der Basis von Blockchains können den Verlust von Finanzmitteln in Entwicklungsländern reduzieren, da keine intermediären Stellen mehr gebraucht werden.
  3. Digitalisierung erleichtert es NPO, punktuell spezifische Kompetenzen einzukaufen, da immer mehr Menschen ihr Know-how direkt als Freelancer zur Verfügung stellen. Diese neue Flexibilität ist gerade für kleine und mittlere NPO sehr wichtig. So kann man heute auf Plattformen wie z. B. www.designenlassen.de einen Grafikauftrag einstellen und erhält in kurzer Zeit mehrere Vorschläge, aus denen man sich den am besten geeigneten aussuchen kann.
  4. Über digitale Formate lassen sich heute viel schneller und kontinuierlich Rückmeldungen zu den eigenen Leistungen einholen. Dadurch können Sie Angebote genauer und besser auf die Zielgruppe angepasst entwickeln und umsetzen.

Dies sind nur einige wenige Beispiele der neuen Möglichkeiten durch die Digitalisierung. In den weiteren Steps geht es nun darum, wie NPO die Digitalisierung der eigenen NPO planen und umsetzen können.


Literatur

Dufft, N., Kreutter, P., Peters, S. & Olfe, F. (2017) Digitalisierung in Non-Profit-Organisationen: Strategie, Kultur und Kompetenzen im digitalen Wandel. Berlin: betterplace lab.

Horak, Ch. & Baumüller, J. (2018). Digitalisierung in grossen NPO – Befunde aus der Praxis, in: Verbands-Management, Nr. 2/18, S. 14–19.

Peters, S., Dufft, N., Eckert, M., & Jäger, K. (2017). Auswirkungen und Erfolgsfaktoren der Google Impact Challenge - Erfolgsbeispiele, Hürden und Empfehlungen. Berlin: betterplace lab.

Autor: Georg von Schnurbein

Lizenz

CEPS, Universität Basel