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WARUM WIR PSYCHOTHERAPIE-ETHIK BRAUCHEN

1.5

Ethik und allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie

Die Forschung zeigt, dass die positiven Effekte der Psychotherapie nur zum Teil auf bestimmte Methoden und Techniken zurückgehen. Wie Manuel Trachsel ausführt, sind allgemeine Wirkfaktoren viel wichtiger. Lesen Sie im Folgenden, was darunter zu verstehen ist – und wie wichtig diese Faktoren für die Ethik sind.

Professor Bruce Wampold von der University of Wisconsin in Madison ist einer der bekanntesten und einflussreichsten Psychotherapie-Forscher. Zusammen mit seinem Kollegen Zac E. Imel publizierte er The Great Psychotherapy Debate. The Evidence for What makes Psychotherapy Work (Wampold, Imel, 2015). Im Buch wird die wissenschaftliche Evidenz dargestellt, welche Faktoren der Psychotherapie wirksam sind. Auf Deutsch erschien dieses Buch 2017 im Hogrefe-Verlag (Wampold, Imel, Flückiger, 2017). Die Autoren gaben es zusammen mit Professor Christoph Flückiger von der Universität Zürich unter dem Titel Die Psychotherapie-Debatte heraus.

Spezifische Wirkfaktoren

Im Kern zeigen die Forscher, dass nur ein kleiner Teil der positiven Effekte von Psychotherapie auf spezifische Faktoren zurückzuführen ist. Unter spezifischen Faktoren sind zum Beispiel bestimmte psychotherapeutische Techniken oder Methoden zu verstehen.

In der Erstauflage des Buches von 2001 zeigt eine Grafik dies eindrücklich. Sie ist hier neu aufbereitet:

Kreisdiagramm Wirkfaktoren Quelle: nach Wampold, 2001

Gemäss dieser Darstellung beträgt der Einfluss spezifischer Faktoren auf das Psychotherapie-Ergebnis 8 Prozent. Der weitaus grösste Teil der Effekte von Psychotherapie besteht mit 70 Prozent aus sogenannten generellen oder allgemeinen Wirkfaktoren.

Allgemeine Wirkfaktoren

Aber was sind allgemeine Wirkfaktoren genau? Und was haben diese mit Ethik zu tun? Das lässt sich aus einem Diagramm herleiten, das Bruce Wampold in einem Artikel in der Fachzeitschrift World Psychiatry 2015 publizierte (Wampold, 2015).

Dieses Diagramm zeigt die Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien zu den Wirkfaktoren von Psychotherapie. Die allgemeinen Wirkfaktoren sind rechts, die spezifischen links abgebildet.


Tabelle

Quelle: Wampold, 2015
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Schauen Sie sich das Diagramm an. Im folgenden Video vertieft Manuel Trachsel das Verständnis des Schemas.

Erklärung Diagramm



Allgemeine Wirkfaktoren und Ethik

Weshalb sind diese allgemeinen Wirkfaktoren von Psychotherapie nun für den Bereich der Ethik so wichtig? Die Antwort ist simpel: Ethische Fragen und moralische Konflikte betreffen fast immer zwischenmenschliche Beziehungen. Genau deshalb liegt in der Beziehung zwischen Psychotherapeuten und Patienten auch das grösste Potenzial für ein positives Therapieergebnis. Ungelöste moralische Konflikte bezüglich Beziehungsaspekten können die Erfolgsaussichten einer Psychotherapie bedeutsam schmälern. Können diese moralischen Konflikte jedoch erkannt, benannt und angemessen adressiert werden, so kann die Wirksamkeit dieser interpersonellen Faktoren gestärkt werden und die Chancen steigen, dass die Psychotherapie erfolgreich wird.



Quellen

Wampold, B., Imel, Z. (2015). The Great Psychotherapy Debate. 2nd ed. New York: Routledge.

Wampold, B. E. (2001). The Great Psychotherapy Debate: Models, methods and findings. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Publishers.

Wampold, B., Imel, Z., Flückiger, C. (2017). Die Psychotherapie-Debatte. Was Psychotherapie wirksam macht. Göttingen: Hogrefe. Zum Buch auf der Website des Hogrefe-Verlags

Wampold, B. (2015). How important are the common factors in psychotherapy. World Psychiatry, 14(3), 270–277.

Lizenz

Universität Basel