INFORMED CONSENT UND URTEILSFÄHIGKEIT
4.9
Kriterien der Urteilsfähigkeit
In der folgenden Übung kehren wir zur Fallvignette von Carlo D. zurück. Sie haben nun ein präziseres Bild von den gängigen Kriterien, die es braucht, um die Urteilsfähigkeit zu beurteilen.
Nun beurteilen Sie mit Hilfsmitteln die Fallvignette neu. Am besten, Sie führen diese Übung Schritt für Schritt durch:
- Laden Sie sich hier die medizinisch-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) Urteilsfähigkeit in der medizinischen Praxis (2019) herunter. Auf Seite 8 finden Sie einen Textausschnitt, der gelb markiert ist. Lesen Sie ihn durch.
- Schauen Sie sich das Beurteilungsinstrument U-Doc an, das auf der Webseite der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften verlinkt ist.
- Gehen Sie für sich die Kriterien der Urteilsfähigkeit anhand der Kategorien des Beurteilungsinstruments U-Doc für das Fallbeispiel Carlo D. durch.
Carlo D (Fallvignette)
Carlo D. ist ein lebhafter und eigenwilliger Mann, 35-jährig, der nach KV-Lehre und Berufsmaturität […] ein Kunststudium begann und erfolgreich abschloss. Seit mehreren Jahren unterrichtet er an seiner früheren Hochschule das Fach Malerei des 20. Jahrhunderts. Er malt auch selbst und ist inzwischen so bekannt und erfolgreich, dass sich Galerien im In- und Ausland für seine Bilder interessieren. […] Mit der Psychiatrie hatte Carlo D. bislang einmal Kontakt, «das aber heftig», wie er gerne sagt. Er erkrankte vor knapp fünf Jahren «aus heiterem Himmel» an einer schweren Manie. Innerhalb weniger Wochen geriet er in einen Zustand dauerhaft gehobener Stimmung, die rasch in Gereiztheit umschlagen konnte. Er schlief sehr wenig und konnte sich kaum noch konzentrieren. Dennoch hatte er den Eindruck, alle seine Probleme lösten sich in Luft auf und er werde in allernächster Zeit einen künstlerischen Triumph nach dem anderen feiern. Sein grosser Freundeskreis war alarmiert, denn so hatte noch niemand Carlo D. je erlebt. Alle, die ihm dringend einen Arztbesuch nahelegten, stiess er in untypisch schroffer Weise vor den Kopf. Das gehe niemanden etwas an, er entscheide selbst, was er zu tun und zu lassen habe. Schliesslich wies ein Notfallpsychiater Carlo D. nach einem heftigen Erregungszustand in der Öffentlichkeit mittels fürsorgerischer Unterbringung in eine psychiatrische Klinik ein […].
Notieren Sie sich, ob und wie sich Ihre Beurteilung gegenüber der früheren Evaluation verändert hat.
Quelle
Hoff, P. (2014). Was darf die Psychiatrie?. Bern, Zytglogge.
Lizenz
Universität Basel