MARKTMODELLE UND WERTSCHÖPFUNG

3.3

Typische Marktmodelle

Im NPO-Kontext spricht man manchmal ungern vom Markt, weil der Begriff so ökonomisch geprägt ist. Sophie Hersberger-Langloh erklärt im Video, welche Aspekte des Marktbegriffs für NPO aber durchaus relevant sein können.

Die Professionalisierung von NPO ist ein zweischneidiges Schwert. Dennoch ist es wertvoll, den Markt-Begriff einmal im NPO-Kontext näher zu betrachten. Ein Markt ist gemäss der klassischen Ökonomie nichts anderes als ein (nicht zwingend geografischer) Ort, wo Angebot und Nachfrage zusammentreffen und ein Handel stattfindet. Auch NPO bieten dort Dienstleistungen an, wo sie meinen, einen Bedarf zu sehen, und/oder wo eine Leistung nachgefragt wird.

Gewisse «Marktbezeichnungen» können aber aus der Unternehmenswelt nicht oder nur mit Vorbehalt übernommen werden. Darunter fällt z. B. der Markt für Eigentumsrechte – also etwa der Handel mit Aktien einer Unternehmung. Durch das Gewinnausschüttungsverbot von NPO haben die «Eigentümer» einer NPO keinen Vorteil ihres Besitzes.

Auch die Austauschbeziehungen sind auf Märkten, wo NPO typischerweise aktiv sind, oftmals ganz anders als im gewinnorientierten Kontext. Im Gegensatz zu einem Supermarkt verkauft eine NPO kein Produkt zu einem marktüblichen Preis. Empfänger:innen und Bezahler:innen der Leistung sind oftmals nicht die gleiche Person.

Es gibt aber durchaus einen grösseren Markt für NPO. Typische Merkmale dieses Marktes sind:

  • Eine hohe Wertorientierung oder Sachzieldominanz
  • Komplexe Stakeholdernetzwerke
  • Eine Vielfalt von Organisationstypen und -zielen
  • Eine Informationsasymmetrie über die Qualität von Leistungen – weil eben derjenige, der für etwas bezahlt, oftmals nicht der ist, der die Leistung bezieht, und der dementsprechend die Qualität nur schlecht beurteilen kann
  • Tiefe rechtliche Zugangsbarrieren für die Gründung und den Betrieb einer NPO

Auf diesen Märkten ist jede NPO auch einer Art von Wettbewerb ausgesetzt – z. B. um Spendengelder, freiwillige Mitarbeitende, Fachpersonal, öffentliche Gelder, Mitglieder oder sogar um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Typischerweise werden diese Märkte in drei Arten unterteilt: einen Beschaffungs- oder Ressourcenmarkt, einen Angebots- oder Interventionsmarkt und einen Anerkennungsmarkt.



Eine wirksame NPO muss in jedem dieser drei Märkte eigene strategische Zielsetzungen definieren und aktiv verfolgen. Dazu braucht es in jedem Markt das entsprechende Fachwissen, personelle Ressourcen und finanzielle Mittel.

Das muss auch in der internen Struktur und Aufgabenzuordnung der NPO abgebildet sein. In sehr kleinen NPO werden sie im Stellen- oder Rollenbeschrieb festgehalten. In grösseren Organisationen sind es entsprechende Abteilungen. In den Kreisstrukturen selbstorganisierter Organisationsmodelle, z. B. soziokratischen Organisationen, sind es verantwortliche Themenkreise mit Rollen, die an die Aufgabe angepasst sind.

Wichtig sind auch die Beziehungen der Märkte zueinander. Der Erfolg im Ressourcen-Markt beispielsweise wird wesentlich von Signalen aus den anderen Märkten beeinflusst: z. B. von der Bekanntheit und dem Ansehen der Organisation, der gesellschaftlichen Brisanz der Arbeit oder dem überzeugenden Charakter der umgesetzten Projekte.

Einige Stakeholder agieren in mehreren Märkten zugleich. Öffentliche Stellen auf Gemeindeebene sind vielleicht in die gemeinsame Erbringung einer Leistung involviert, sprechen auch Gelder dafür und vertreten das Projekt politisch auf dem Anerkennungsmarkt. Das Drei-Markt-Modell ermöglicht es, die Arbeit mit solchen Stakeholdern und die Erwartungen zu differenzieren, denn auf personeller Ebene sind es oft nicht die gleichen Ansprechpersonen, die jeweils die Rolle in einem Markt einnehmen.

Auf den ersten Blick mag die Vorstellung, dass man Strategien für jeden der drei Märkte entwerfen soll, erschrecken. Doch in der realen Strategiearbeit hilft das Framework, eine hochkomplexe Aufgabe zu vereinfachen und viel klarer an Fragestellungen arbeiten zu können.

Das Drei-Markt-Modell bildet eine hilfreiche Denkstruktur, um sich bewusst zu werden, welche Stärken, Schwächen und Stakeholder man auf den drei «Hauptmärkten» hat. Wo verorten Sie Ihre Organisation diesbezüglich?

Autorin: Sophie Hersberger-Langloh

Lizenz

CEPS, Universität Basel