DIGITALISIERUNG IN NPO
4.9
Anwendung von KI in Nonprofit Organisationen
Nutzen Sie in Ihrer Organisation KI? Lesen Sie, welche Möglichkeiten KI-Tools bieten und was gerade NPO hinsichtlich Nutzung von KI und Transparenz beachten sollten.
Auch wenn die Entstehungsgeschichte weit ins 20. Jahrhundert zurückreicht, so können wir ab 2022 von einer KI-Explosion sprechen, die mit praktischen Anwendungen Eingang in alle Lebens- und Arbeitsbereiche gefunden hat. Wie schon in Kapitel 4.2 erwähnt, ist KI für alle Branchen interessant, in denen grosse Datenmengen anfallen und kann durch Mustererkennung sowohl rückwärtsgerichtete Prozesse, wie z.B. Qualitätskontrollen, als auch zukunftsorientierte Prozesse wie z.B. Marktprognosen unterstützen und effizienter gestalten.
Potenziale generativer KI für NPO
Dies ist auch für NPO interessant, die mit ihren (oft knappen) personellen und finanziellen Ressourcen ein Maximum an Wirkung erzielen wollen. Generative KI1 kann NPO in vielerlei Hinsicht unterstützen. Durch den Einsatz von Textgeneratoren wie ChatGPT, die auf Large Language Models (LLM) basieren, können Routineaufgaben wie die Erstellung von Berichten oder die Beantwortung häufiger Anfragen automatisiert werden. Das kann Zeit und Ressourcen sparen, die idealerweise für die Kernaufgaben der Organisation frei werden. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist Esi, der Chatbot der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht ESA.2 Auch in der Übersetzungsarbeit leistet LLM-basierte KI (z.B. Deepl) wertvolle Dienste und ermöglicht eine barrierefreie Kommunikation. Ebenfalls sehr interessant für die kommunikativen Aufgaben von NPO ist die Generierung von Bildern, Videos und Präsentationen.3 Ein weiteres wichtiges Einsatzfeld ist die Datenanalyse. NPO sammeln oft große Mengen an Daten, sei es über ihre Zielgruppen, ihre Wirkung oder z.B. über Spenderverhalten. KI kann dabei helfen, diese Daten zu strukturieren, Muster zu erkennen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Gelingt dies, können Prozesse zielgerichteter gestaltet und der Erfolg von Projekten genauer gemessen werden. Der Einsatz von KI erfordert, dass nicht nur die technischen Voraussetzungen gegeben sind, sondern es sind auch neue Fähigkeiten der Anwender:innen gefragt, wenn es darum geht, sinnvolle Prompts für die KI zu erstellen. Auch müssen sie über das nötige Wissen verfügen, um die KI-generierten Ergebnisse zu prüfen und mögliche Halluzinationen zu erkennen. Es ist absehbar, dass der Einsatz von KI einen grundlegenden Einfluss auf die gesamten Organisationsprozesse haben wird und daher Teil von Strategie und Management in NPO sein muss.
Juristische und ethische Leitplanken
Nebst den vielfältigen Potenzialen, die KI bietet, sind die ethischen und juristischen Implikationen bei der Verwendung von KI nicht zu vernachlässigen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Transparenz. Gerade wertorientierte NPO sollten klar kommunizieren, ob, wann und wie KI in ihren Prozessen eingesetzt wird. Dies ist wichtig, um das Vertrauen in die Organisation nicht zu gefährden, sollte aber auch aus urheberrechtlichen Überlegungen unbedingt beachtet werden. Eine weitere Gefahr ist die Entstehung von Biases. KI-Systeme lernen auf Basis großer Datenmengen und können dabei Vorurteile übernehmen. Das ist problematisch, wenn beispielsweise diskriminierende Tendenzen in den Trainingsdaten vorhanden sind. NPO sollten sich bewusst dafür einsetzen, solche Vorurteile zu erkennen und zu vermeiden, um sicherzustellen, dass ihre KI-Anwendungen fair und inklusiv sind. Schliesslich arbeiten gemeinnützige Organisationen oft mit sensiblen Daten, sei es von Spendern, Ehrenamtlichen oder Begünstigten. Der Einsatz von KI-basierten Tools muss daher immer unter strikter Einhaltung des Daten- und Persönlichkeitsschutzes erfolgen. Indem sie einen verantwortungsvollen und ethisch fundierten Einsatz von KI praktizieren, können NPO einen positiven Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion über die Chancen und Risiken dieser Technologien leisten. (Im CAS Nonprofit & Public Management werden konkrete Anwendungsbeispiele für KI in NPO vorgestellt und getestet.)
Initiativen und Netzwerke in der Schweiz
Auch der öffentliche Sektor reagiert auf die fundamentalen Veränderungen durch den Einsatz von KI. Aus diesem Grund wurde das Kompetenznetzwerk für künstliche Intelligenz CNAI4 aufgebaut, das seit 2022 insbesondere den Einsatz von und das Vertrauen in KI innerhalb der Bundesverwaltung fördern soll. Es bietet aber auch für Nutzer:innen ausserhalb des öffentlichen Sektors Zugang zu Informationen und Netzwerken. In diesem Zusammenhang ist auch das am Bundesamt für Statistik angesiedelte Kompetenzzentrum für Datenwissenschaft (DSCC)5 zu erwähnen, das eine Community of Practice «Datenwissenschaft und KI für das Gemeinwohl»6 pflegt und u.a. eine Webinar-Reihe frei zur Verfügung stellt.7 Auf wissenschaftlicher Ebene ist die 2023 von ETH und EPFL lancierte Swiss AI Initiative https://www.swiss-ai.org/ für eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz hervorzuheben. Sie verfolgt das Ziel, die Schweiz als weltweit führenden Standort für die Entwicklung und Nutzung einer transparenten und vertrauenswürdigen Künstlichen Intelligenz zu positionieren.8
Fazit
Die Veränderungen durch KI passieren jetzt. Die Möglichkeiten der KI entwickeln sich laufend und rasant weiter. Dies erfordert auch von Nonprofit Organisationen eine kontinuierliche Überprüfung der verwendeten KI-Anwendungen und Anpassungen an die neuesten Gegebenheiten in der Zusammenarbeit mit ihren Stakeholdern und unter Berücksichtigung ihres Wertesystems. Der Umgang mit KI muss strategisch in der Organisation verankert sein und bewusst im Management umgesetzt werden.
Kleines Glossar zur KI-Terminologie
Begriff | Erklärung |
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(Chat)-bot | Unter einem Bot versteht man ein Computerprogramm, das wiederkehrende Aufgaben weitgehend automatisch oder autonom abarbeitet. Ein Beispiel sind Chatbots, welche automatisch Fragen beantworten. |
Deep Learning | Deep Learning ist maschinelles Lernen in mehrschichtigen künstlichen neuronalen Netzen, die aus einer Vielzahl künstlicher Neuronen zusammengesetzt sind. Deep Learning ist verantwortlich für die Erfolge in der Sprach- und Text-, Bild- und Videogenerierung. |
Generative KI | Generative KI-Modelle werden eingesetzt, um neue Daten zu erzeugen, die ähnliche statistische Eigenschaften haben, wie die ihnen durch Deep Learning bekannten. So können z.B. Text, Bilder, Audio, Video, Programmcode, 3D-Modelle oder Simulationen erzeugt werden, die den Anweisungen des Nutzenden folgen. |
Halluzination | Wenn KI-Systeme falsche Informationen ausgeben und diese als Fakten bezeichnet, spricht man von Halluzinationen. Dies passiert besonders bei Sprachmodellen, weil sie nicht «verstehen», was sie sagen, sondern auf Basis erkannter Muster in den Trainingsdaten die wahrscheinlichste Antwort berechnen. |
KI-Bias | KI-Biases sind Verzerrungseffekte bei der Entwicklung und Verwendung von KI. Insbesondere spiegeln sich häufig Tendenzen menschlicher Vorurteile und Voreingenommenheit wider, die auf den durch Machine Learning genutzten Trainingsdaten beruhen. |
Large Language Models (LLM) | LLM sind große Sprachmodelle, die auf riesigen Mengen von Textdaten trainiert werden, um Sprache zu erkennen und Anfragen zu verarbeiten. Sie sind die Grundlage vieler KI-Anwendungen, insbesondere in der generativen KI. |
Machine Learning (ML) | ML bezweckt die Generierung von Wissen aus Erfahrungswerten, indem Lernalgorithmen aus vorhandenen Daten ein komplexes Modell entwickeln. Das Modell kann anschließend auf neue Daten derselben Art angewendet werden. |
Prompt | Als Prompt wird die formulierte Anweisung bezeichnet, womit Nutzer:innen KI-Instrumente anweisen, spezifische Reaktionen oder Antworten zu generieren. Gute Prompts enthalten präzise Ziele, klare Anweisungen, Beispiele und Kontextualisierungen. |
Weiterführende Literatur und Referenzen
Meid, M. (2024): KI für gemeinnützige Organisationen. Anwendungsbereiche, Beispiele, Implementierung, Stiftung&Sponsoring, Rote Seiten 03.24
Weber, B. Werner M (2024).: «Generative KI: Stiftungsarbeit der Zukunft. Anwendungsfälle für NPOs», in Stiftung&Sponsoring 04.24, S. 19-21
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/dscc/veranstaltungen/seminare.html (aufgerufen am 18.11.2024)
https://cnai.swiss/ (aufgerufen am 18.11. 2024)
https://datascience.swiss/de/index.html (aufgerufen am 18.11. 2024)
https://www.swiss-ai.org/ (aufgerufen am 18.11. 2024)
Autorin: Elisabeth Hasse
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Alle kursiv dargestellten Begriffe werden im untenstehenden Glossar erläutert. ↩
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https://www.edi.admin.ch/edi/de/home/fachstellen/eidgenoessische-stiftungsaufsicht/beratung/esi.html, aufgerufen am 19.11.2024 ↩
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Eine Auswahl aktuell zur Verfügung stehender generativer Tools findet sich in Meid, M.: S.8-11. ↩
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CNAI: Competence Network for Artificial Intelligence, https://cnai.swiss/ ↩
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DSCC: Data Science Competence Center, https://datascience.swiss/de/index.html ↩
-
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/dscc/gemeinschaft.html ↩
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https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/dscc/veranstaltungen/seminare.html ↩
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S. https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2023/12/medienmitteilung-gemeinsam-fuer-eine-vertrauenswuerdige-kuenstliche-intelligenz.html, aufgerufen am 18.11.204 ↩