WAS IST INFORMATIONS-, DATEN UND MEDIENKOMPETENZ?

1.4

Gedächtnispalast: eine Parabel

Bitte lesen Sie die folgende Parabel aufmerksam durch. Setzen Sie diese in Beziehung zur im vorherigen Artikel charakterisierten Informations-, Daten- und Medienkompetenz. Achten Sie sich auf die Details in der Beschreibung. Bearbeiten Sie anschliessend die Zuordnungsaufgaben im nächsten Step 1.6.

Es war einmal ein unscheinbares Haus in einer grossen, chaotischen Stadt. Es war umgeben von vielen Bäumen und deshalb gut versteckt im Grünen. Aufgrund der Drogerie im Erdgeschoss war es vielen Menschen bekannt. Die Kundschaft kam gerne, kaufte Seife oder günstige Ansichtskarten, verliess die Drogerie aber meist, ohne den Rest des Gebäudes gross zu beachten.

Parabel_Illustration Stadt

Für die Menschen, die da wohnten, und deren Freundinnen und Freunde gab es einen separaten Eingang mit einem Aufzug, den man nur mit einem Schlüssel in Betrieb setzen konnte. Damit konnte man beispielsweise in das Untergeschoss fahren, wo sich ein Parkplatz befand. Vom Parkplatz aus sah man, wie eng das Haus in eine lange Reihe von weiteren Häusern eingebunden war.

Illustration Haus

In den oberen Stockwerken wohnte und arbeitete ein alter Künstler. Er verbrachte viel Zeit in seinem Atelier. Abends setzte er sich jeweils in die ganz nach seinem Geschmack ausgestattete hauseigene Bibliothek, blätterte aufmerksam in den Folianten und machte sich handschriftliche Notizen. Danach unterhielt sich der Künstler meist mit seiner guten Freundin, der Biographin.

Illustration Künstler und Atelier

Sorgfältig sammelte die Biographin die Tagesvorkommnisse des Hauses und beschrieb diese in ihrem Journal: Woran hatte der Künstler an dem Tag gearbeitet, mit wem gesprochen, welche Musik gehört, welche neuen Bücher, Zeitungen oder Malutensilien wurden ins Haus gebracht, kurz: Welche Ereignisse der Aussenwelt hatten die Gemüter der Hausbewohner und -bewohnerinnen bewegt? Wie ein neugieriges Kind stellte sich der Künstler mal abstrakte, mal konkrete Fragen, die die Biographin stets sorgfältig dokumentierte, jedoch unbeantwortet liess. Aus den Aufzeichnungen der Biographin liess sich auch Jahre später das gemütliche Innenleben des Hauses im Herzen einer Grossstadt verlässlich und geordnet wiederherstellen. Immer wieder hatte der Künstler im Journal der Biographin gestöbert. Oft verschriftlichte und überarbeitete er dabei Antworten auf Fragen, die ihn beschäftigten.

Illustration Biographin und Bibliothek

Gleich über dem Künstler wohnte dessen Bruder, der Techniker. Tagsüber betätigte sich der Techniker in seinem Labor voller alter und neuer Gerätschaften im obersten Stockwerk des Hauses. Sehr gerne präsentierte er seinem Bruder, dem Künstler, seine neuesten Projekte: z. B. eine neuartige Lampe, ein ausgeklügeltes Fernglas oder ein verfeinertes Mikroskop, das ihm dabei half, seine Kunstobjekte besser zu untersuchen. Gelegentlich positionierte der Techniker die Staffelei neu und zog die Jalousien so zurecht, dass die Sonnenstrahlen genau richtig auf das Werk des Künstlers fielen. Die Brüder schätzten sich sehr und liessen keinen Tag vergehen, ohne sich zu sehen.

Illustration Techniker und Labor

Einmal in der Woche kam ein ehemaliger Kommilitone zu dem Künstler und brachte seine neuesten Bilder mit. Abends versammelten sich alle am Tisch und tauschten beim Essen Neuigkeiten aus. Danach setzten sich der Künstler und sein Kommilitone ins Atelier und betrachteten die Bilder. Jeder erzählte dann die Geschichte hinter dem Werk: Wie das Bild entstanden war, wie er vorgegangen war, was ihn inspirierte und was ihn besonders beeindruckte daran. Manchmal stritten sie sich bis tief in die Nacht hinein. Danach trennten sie sich aber stets in Frieden, schmunzelnd und kopfschüttelnd. Später, in ihren Ateliers, dachten der Künstler und sein Kommilitone oft aneinander und hörten innerlich, wie der andere das eine oder andere Detail kommentieren würde.

Illustration Kommilitone und Gruppenraum

Mit Vorliebe besuchte der Künstler die Galerie in seinem Haus. Dort hingen die Kopien vieler Werke seiner Lehrpersonen und Vorbilder. Nicht selten waren diese umrandet von seinen eigenen Skizzen und Entwürfen, den Versuchen, die Meisterwerke nachzuahmen und weiterzudenken. Auch mit seinen beiden Schulkindern ging der Künstler des Öfteren in die Galerie. Wie spannend war es dort für das Mädchen und den Jungen, die Wurzeln der Ideen des Künstlers zu entdecken!

Illustration Schulkinder und Galerie

Morgens kam jeweils die Lieferantin ins Haus. Sie brachte Post und Zeitungen, frisches Obst, Milch und Blumen. Die Lieferantin kannte die Hausbewohner und Hausbewohnerinnen seit Jahrzehnten und wusste viel über deren Präferenzen und Interessen. Sie ging für sie auf den Markt einkaufen und wählte dort nur die reifsten Früchte von den Zubringern und Händlerinnen ihres Vertrauens. Wie von den Hausbewohnern und Hausbewohnerinnen angewiesen, entfernte die Lieferantin Werbung aus der Post und sortierte diese sinnvoll. So konnten die Hausbewohnerinnen und Hausbewohner viel Zeit und Energie für ihre Arbeit sparen.

Illustration Lieferantin auf Fahrrad mit Post, Esswaren und Blumen

Zusammen mit seinem Bruder, dem Techniker, und seinen Schulkindern begab sich der Künstler auf die Vernissagen in seiner Stadt. Dort hörte er Diskussionen zu und beteiligte sich mit Eifer daran. Manchmal resultierte daraus eine kritische und wohlwollende Rezension zu einem Bilder-Katalog.

Bei einer Vernissage wurde der Künstler für sein Lebenswerk gepriesen und mit der Ehrendoktorwürde der städtischen Kunsthochschule ausgezeichnet. Bei der Gelegenheit bedankte er sich bei seinen Lehrerinnen und Freunden. Er bekannte sich zu seinen Vorbildern der Kunst, deren Arbeiten ihn immer wieder inspiriert hatten, und versprach, weiterhin neugierig und kreativ zu bleiben.

Illustration Kunstschule und Künstler mit Auszeichnung

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Universität Basel