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WIE GEHT GESUNDHEITLICHE VORAUSPLANUNG?

2.9

Urteilsunfähigkeit

Wie ist die Vertretung bei Urteilsunfähigkeit eines oder einer Patient:in geregelt? Und wie sieht es mit der Erstellung einer Gesundheitlichen Vorausplanung bei Urteilsunfähigkeit aus? Diese beiden Themen klären die folgenden Abschnitte.

Vertretung bei Urteilsunfähigkeit

Ist ein:e Patient:in infolge Unfall oder Krankheit urteilsunfähig und hat der oder die Patient:in seinen / ihren Willen für die anstehenden Behandlungsentscheidungen nicht festgehalten, bestimmt das Erwachsenenschutzrecht (Art. 378 ZGB), wer anstelle des oder der Patient:in die Entscheidungen über medizinische Massnahmen trifft. Ausgenommen sind dringliche Situationen.

Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten:

  1. die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person;
  2. der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen;
  3. wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
  4. die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
  5. die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
  6. die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
  7. die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten.

Wenn Weisungen in der Patientenverfügung fehlen, muss die Vertretungsperson die Entscheidungen nach dem mutmasslichen Willen (frühere Dokumente, Aussagen etc.) und den Interessen der urteilsunfähigen Person treffen.

Wenn mehrere Personen (z.B. Geschwister) vertretungsberechtigt sind, darf die gutgläubige Ärztin / der gutgläubige Arzt davon ausgehen, dass die vertretungsberechtigten Personen eine Entscheidung im gegenseitigen Einverständnis treffen. In schwierigen Situationen können wiederholte Gespräche und/oder eine ethische Unterstützung für alle Beteiligten hilfreich sein. In Konfliktsituationen oder wenn keine Vertretungsperson vorhanden ist, muss die Erwachsenenschutzbehörde einbezogen werden.


Gesundheitliche Vorausplanung bei Urteilsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Verfassens

Auch bei Urteilsunfähigkeit ist eine Gesundheitliche Vorausplanung möglich, beispielsweise wenn sichergestellt werden soll, dass medizinische Fachpersonen in einer dringlichen Situation Handlungsanweisungen erhalten (Erstellen einer Ärztlichen Notfallanordnung Stellvertretung) oder wenn eine Behandlungsplanung sinnvoll ist (z.B. wenn die Vertretungspersonen eine weite Anreise haben). Vertretungspersonen, die anstelle des oder der Patient:in eine Gesundheitliche Vorausplanung machen, müssen den (mutmasslichen) Willen der vertretenen Person befolgen. Zu beachten ist jedoch, dass Vertretungspersonen keine «stellvertretende» Patientenverfügung verfassen können.

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Universität Basel