Switch navigation

WAS IST GESUNDHEITLICHE VORAUSPLANUNG?

1.4

Inhalte und Ziele der Gesundheitlichen Vorausplanung

Die Gesundheitliche Vorausplanung bezeichnet den Prozess, in dem eine Person im Gespräch mit den medizinischen Fachpersonen und Nahestehenden ihre zukünftigen medizinischen Entscheidungen und Wünsche im Voraus plant und dokumentiert. Hier lernen Sie die konkreten Inhalte, die notwendigen Dokumente – Patientenverfügung, Ärztliche Notfallanordnung und Behandlungsplan – sowie die Ziele der Gesundheitlichen Vorausplanung kennen.

Grafik_Gesundheitliche Vorausplanung_Prozess

Bei urteilsfähigen Patient:innen ist es selbstverständlich, die Einwilligung für medizinische Behandlungen einzuholen. Was ist aber, wenn ein:e Patient:in aufgrund eines Unfalls oder im Laufe einer Krankheit nicht mehr ansprechbar bzw. nicht mehr urteilsfähig ist und Behandlungsentscheidungen getroffen werden müssen? An ihrer Stelle entscheiden Vertretungspersonen (meist Nahestehende) und in einer dringlichen Situation der zuständige Arzt. In all diesen Situationen wäre es für die Vertretungspersonen und behandelnden Fachpersonen aber hilfreich zu wissen, wie der oder die betroffene Patient:in behandelt werden möchte.

Mit Verankerung der Patientenverfügung im Erwachsenenschutzrecht hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, selbstbestimmt für solche Situationen vorzusorgen. Die Gesundheitliche Vorausplanung baut auf dem Instrument der Patientenverfügung auf. Sie stellt eine Weiterentwicklung der Patientenverfügung dar. Im Vordergrund steht der Dialog zwischen Patient:in und medizinischen Fachpersonen. Es ist sinnvoll, wenn Nahestehende und/oder Vertretungspersonen in diese Gespräche einbezogen werden. Im Austausch mit medizinischen Fachpersonen werden Patient:innen unterstützt, ihre Werte, Wünsche, Erwartungen in Bezug auf die Behandlung und Betreuung bei Unfall, Krankheit oder längerer Pflegebedürftigkeit zu formulieren. Das Ergebnis wird aussagekräftig dokumentiert und ist so auch für Drittpersonen nachvollziehbar. Damit soll sichergestellt werden, dass ein:e Patient:in auch dann gemäss ihrem Willen behandelt wird, wenn sie beispielsweise zuhause gepflegt, von einer Institution in eine andere verlegt wird oder wenn es sich um eine Notfallsituation handelt.

Umsetzbar ist eine Gesundheitliche Vorausplanung aber nur, wenn Gesundheitsinstitutionen und Versorgungsstrukturen systematisch in diese eingebunden sind. Es ist deshalb wichtig, dass die Akteure das Konzept kennen. Medizinische Fachpersonen können ihre Patient:innen für das Thema sensibilisieren und sie in diesem Prozess begleiten. Zur Umsetzung gehört auch die für Drittpersonen nachvollziehbare Dokumentation des Patientenwillens in drei geeigneten Dokumenten: Patientenverfügung, Ärztliche Notfallanordnung und Behandlungsplan. Gesundheitliche Vorausplanung hat somit eine auf den oder die Patient:in bezogene individuelle Ebene (Selbstbestimmung) und eine systemische Ebene (Koordinierte Behandlung).

Gesundheitliche Vorausplanung ist grundsätzlich für alle Menschen möglich, unabhängig von Alter, Gesundheitszustand, Lebensort etc. Sie ist sinnvoll für Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen Werthaltung eine möglicherweise indizierte medizinische Behandlung ablehnen. Empfohlen wird sie insbesondere Patient:innen mit schweren oder chronisch progredienten Krankheiten, wenn der Tod infolge Alter oder Krankheit absehbar ist oder wenn ein riskanter Eingriff bevorsteht. Gesundheitliche Vorausplanung ist immer ein freiwilliger Prozess. Ist eine Person bereits urteilsunfähig, können die Vertretungspersonen mit gewissen Einschränkungen (vgl. Kap.2.9) eine Gesundheitliche Vorausplanung auf Basis des mutmasslichen Willens verfassen.


Die gesundheitliche Vorausplanung hat folgende Ziele:

  • Sie unterstützt Menschen, sich Gedanken über ihre Wünsche und Präferenzen in der Situation einer unfall- oder krankheitsbedingten Urteilsunfähigkeit zu machen und mit Nahestehenden und Medizinischen Fachpersonen ins Gespräch zu kommen;
  • Sie stellt Dokumente zur Verfügung, um den Willen schriftlich festzuhalten;
  • Sie trägt dazu bei, dass Vertretungspersonen und medizinische Fachpersonen Behandlungsentscheidungen auf den Willen des oder der Patient:in abstützen können;
  • Sie entlastet Nahestehende und Vertretungspersonen vom Druck, an Stelle des oder der Patient:in entscheiden zu müssen;
  • Sie trägt zu einer koordinierten Betreuung von Patient:innen bei.

Lizenz

Universität Basel