FÜRSORGE UND GERECHTIGKEIT
6.2
Finanzielle Vergütung
Was die finanzielle Vergütung von Studienteilnehmenden betrifft, gibt es unterschiedliche Positionen.
Finanzielle Vergütung kann für Probanden und Probandinnen ein Motiv sein, an Forschungen teilzunehmen. Einerseits sollten diese monetären Anreize nicht zu sehr im Vordergrund stehen – und deswegen auch im Umfang angemessen und moderat gestaltet sein –, um die Freiwilligkeit der Studienteilnahme nicht zu gefährden; andererseits ist es auch ungerecht, ungeprüft anzunehmen, dass Forschungsteilnehmende, welche vor allem aufgrund von monetären Anreizen an Studien teilnehmen, weniger Recht auf die Teilnahme haben als Forschungsteilnehmende, welche das vor allem aufgrund von persönlichen Motiven tun.
Hier noch eine Bemerkung zu der Gestaltung einer monetären oder anderweitigen Vergütung: Wie sollte diese ausfallen? Wie Sie wissen, haben wir an der Fakultät für Psychologie im Rahmen der Teilnahme an psychologischen Untersuchungen im Bachelorstudium eine eigene Währung (die sogenannten «Unterschriften»). Diese sind zeitlich klar definiert: Pro 30 Minuten gibt es eine Unterschrift und wir versuchen, nicht inflationär zu sein. Das bedeutet, dass man bei einer Studie über 6 Wochen und mit einer wiederholten Erfassung der Befindlichkeit nicht 20 Unterschriften verteilt, sondern schaut, dass das in Relation zum wirklichen zeitlichen Aufwand steht (in diesem Beispiel: 6 Messungen à 5 Minuten, d.h. 30 Minuten = eine Unterschrift).
Die monetäre Vergütung ist dadurch erschwert, als dass es je nach Region und Land unterschiedliche Standards gibt. Beispielsweise wäre ein Entgelt nach Schweizer Standards im Rahmen von Online-Studien (die dann oft von Personen aus den USA oder Indien ausgefüllt werden) für Personen, die in anderen Ländern leben, extrem hoch.
Ein Beispiel, welches einmal in einer Diskussion mit einer Forschungskoordinatorin in der Schweiz geäussert wurde, sind Studien in der Schweiz, welche nach Schweizer Standard vergütet werden, was aber dazu führt, dass Versuchspersonen aus Berlin einfliegen und hier dann durch die Teilnahme an mehreren Studien einen Stundensatz erwirtschaften, der deutlich über jenem in Berlin liegt. Das ist dann nicht nur für die Forschung schlecht, weil diese Personen dann gleichzeitig an mehreren Interventionsstudien teilnehmen und die Ergebnisse verfälschen, sondern kann auch gesundheitlich bedenklich sein.
Zur Höhe der Vergütung von Forschungsteilnehmenden gibt es keine fixen Vorgaben, sondern es wird nur der Rahmen definiert, d.h. eine Entschädigung ist angemessen, sollte aber nicht so hoch sein, dass sie einen ausschliesslichen Anreiz für die Studienteilnahme darstellt. Es empfiehlt sich, hier pragmatisch vorzugehen und das Ausmass der Vergütung im Studienteam und mit möglichen Studienteilnehmenden zu diskutieren. Dabei stellt sich in der Regel ein Konsens zum Ausmass einer angemessen Vergütung ein.
Ein weiterer Aspekt der Fürsorge betrifft die Rückmeldung der Studienergebnisse an Forschungsteilnehmende. Dieses Vorgehen basiert in der Regel auf den Mittelwerten der untersuchten Gruppen, aber es kann seinen Nutzen haben, die Ergebnisse auch individuell auszuwerten und den Forschungsteilnehmenden mitzuteilen. Es gilt aber zu beachten, dass das einen erheblichen Aufwand darstellt und auch abgewogen werden muss, ob die personalisierte Ergebnismitteilung auch wirklich zum Wohl und Nutzen der Forschungsteilnehmenden ist. Die Mitteilung eines IQ-Werts mag nicht bei allen Personen zur grösseren Lebensfreude beitragen.
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Universität Basel