DIAGNOSE

2.1

Klassifikation und Diagnose somatischer Belastungsstörungen

Somatische Symptome treten bei fast allen medizinischen Erkrankungen und psychischen Störungen auf. Wenn aber diese Beschwerden nicht nur Symptom, sondern Gegenstand der eigentlichen Störung sind, spricht man von einer somatischen Belastungsstörung.

Wir alle kennen körperliche Beschwerden, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Erschöpfung, Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme, und haben diese Symptome auch häufig. So geben in Studien bis zu 80% der Befragten an, in den letzten Wochen solche Beschwerden erlebt zu haben. Damit dies aber als Störung wahrgenommen wird, braucht es neben Symptomen auch eine ausreichende Dauer derselben und ein beachtliches Ausmass der Beeinträchtigung verschiedener Funktionen. Bitte lesen Sie dazu den einleitenden Text und die diagnostischen Kriterien für die somatische Belastungsstörung im DSM-5 durch.

Wenn Sie den Text im DSM-5 gelesen haben, dann wissen Sie, dass diese Störungen unter den psychischen Störungen subsumiert werden und dass diese Störungen mit bis zu 10 % sehr häufig (und auch wenn das nicht im DSM-5 steht: leider mit bis zu 50 % erstaunlich stabil) sind. Damit wird ein grosser Schritt gewagt und auf die Annahme, dass an diesen ganzen somatischen Beschwerden gar nichts Somatisches dran ist, grundlegend verzichtet (was von manchen als «akademischer Schildbürgerstreich» angesehen wird!). Entsprechend steht für die diagnostischen Prozesse auch nicht mehr der Nachweis KEINER somatischen Ursache im Vordergrund, sondern vielmehr der Nachweis, dass eine exzessive Beschäftigung mit den körperlichen Beschwerden vorliegt. Diese kann beispielsweise in der Vorstellung bestehen, dass man eine schwerwiegende Erkrankung hat, die einem die Zukunft verbauen wird, weshalb man oft und zu vielen Ärzten geht.

Link

Falkai, Peter u. Wittchen, Hans-Ulrich (Hrsg.) (2015). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5. Göttingen: Hogrefe. Siehe S. 421.

Weiterführende Links

Lieb, Roselind et al. (2002) The natural course of DSM-IV somatoform disorders and syndromes among adolescents and young adults: a prospective-longitudinal community study. European Psychiatry 17(6): 321-31.
Hiller Wolfgang u. Rief, Winfried (2014). Die Abschaffung der somatoformen Störungen durch DSM-5 – ein akademischer Schildbürgerstreich? Psychotherapeut 59(6): 448–455.

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Universität Basel