EIN BUCH ENTSTEHT
3.3
Druckgeschichten
In diesem Kapitel erfahren Sie mehr über den Drucker Johannes Froben, mit dem Erasmus jahrzehntelang zusammenarbeitete. Die Animation veranschaulicht seine beruflichen Beziehungen zu Johannes Amerbach und Erasmus sowie die Arbeit in einer Druckerei zu dieser Zeit.
Johannes Frobens Emergenz als humanistischer Drucker
Im Video erfahren wir, Erasmus sei wegen der hohen Qualität von Frobens Produktion nach Basel gekommen. Was hat es damit auf sich?
Beatus Rhenanus, der enge Freund und schliesslich erste Biograph des Erasmus, sagt über dessen Adagia, mit ihrem Erscheinen sei plötzlich, wie die Sonne im Nebel, nördlich der Alpen die Kenntnis der Alten Sprachen aufgetaucht. Die Adagia («Sprichwörter») sind Erasmus’ wichtigstes nicht theologisches Werk, mit einem Überblick über fast die gesamte antike Literatur. Pikanterweise war es ausgerechnet Frobens praktisch identischer Raub-Nachdruck der venezianischen Erstausgabe dieses Werks, der den Autor dazu veranlasste, mit mehreren bedeutenden Werken im Gepäck nach Basel zu reisen, um sie hier drucken zu lassen. Aber was ist denn da genau ‛aufgetaucht’? Beatus Rhenanus schreibt Lateinisch: emergere, und eben dieses Wort steht hinter dem modernen Begriff der Emergenz für das plötzliche Erscheinen von etwas Neuem. Neu sind die Inhalte in Frobens Verlagsprogramm, aber ebenso auch die Buchgestaltung. Besonders augenfällig ist die Verwendung der Antiqua-Schrift, die sich (wie der Name erkennen lässt) an Schriften der Antike orientiert. Verglichen mit der von mittelalterlichen Buch(hand)schriften abgeleiteten gotischen Druckschrift (Rotunda) zeichnet sie sich durch grosse Klarheit und Lesbarkeit aus und bringt auch typographisch den neuen Geist zum Ausdruck: Ad fontes, «zu den Quellen», lautet der Wahlspruch, befreit vom Ballast resp. ‛Nebel’ der mittelalterlichen Überlieferungstradition, die den Blick verstellt auf die ursprüngliche Gestalt der Texte. Das neu Aufgetauchte hatte durchaus seine Vorläufer: Schon Amerbach hatte vereinzelt die Antiqua eingesetzt und in seinen Ausgaben grosse Sorgfalt auf die Herstellung einer möglichst originalen Textgestalt verwendet, aber es war Froben, in dessen Buchproduktion der Humanismus nördlich der Alpen Gestalt annahm. Gerade die Adagia zeigen auch die inhaltliche, eben humanistische Neuausrichtung, und im Novum Instrumentum sehen wir die Kombination der Anwendung der neuen philologischen Methoden auf den biblischen Text mit Frobens neuerworbener Meisterschaft im Druck verschiedener Sprachen, und ausserdem im Buchschmuck eine gewisse Emanzipation von den venezianischen Vorbildern, indem auch oberrheinische Grafik für die Gestaltung der Titelseiten der einzelnen Teile verwendet wird.
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Universität Basel